Inhalation

Wie viele Verfahren der physikalischen Therapie ist auch die Inhalations-Behandlung schon sehr lange bekannt. Bereits im Altertum wussten Aretaeus und Galen die Meeres- und Brandungsluft therapeutisch einzusetzen. Sie empfahlen den Aufenthalt an der See oder Schiffsreisen auf dem Meer als ein Mittel gegen die Lungenschwindsucht, wobei sie die in der Meeresluft vorhandenen Salzteilchen für den günstigsten Effekt ansahen.

Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden die ersten Inhalationsapparaturen hergestellt. Größere systematische Untersuchungen begannen aber erst in den Vierzigerjahren dieses Jahrhunderts. Davon ausgehend hat sich die Inhalationstherapie rasch verbreitet.

Die Inhalationsbehandlung lässt sich mit der lokalen Anwendung von Medikamenten z. B. Salben vergleichen. Hier wie dort werden Medikamente mit dem gleichen Ziel eingesetzt: es soll eine lokale Wirkung, z. B. durch die Salbe an einem entzündeten Gelenk erzielt werden, ohne dass größere Mengen des Medikaments in den gesamten Organismus gelangen.

Die Inhalationstherapie versucht, direkt auf die Schleimhaut der Bronchien und die Lunge einzuwirken: beim Asthma ist es das Ziel, stark wirkende Medikamente direkt ins Bronchialsystem zu bringen, ohne dass größere Mengen in den gesamten Organismus gelangen. Die Inhalationsbehandlung mit Aerosolen ist aus der Klinik und der Praxis nicht mehr wegzudenken. Die Indikation stellt der Arzt. Die Durchführung besorgen in Kliniken Masseure und medizinische Bademeister und auch das Pflegepersonal.

Das Atemgemisch, das bei der Inhalation aufgenommen wird, wird als Aerosol definiert. Aerosole sind schwebende Partikel mit einem Durchmesser von etwa 0,001 bis 100 µm. In der Praxis werden Aerosole mit Teilchendurchmesser zwischen 0,5 und 10 µm eingesetzt. Unter den zahlreichen Verfahren, ein Aerosol zu erzeugen, haben heute nur noch drei Bedeutung: Druckluftgetriebene Düsenvernebler, Ultraschallvernebler und treibgasbetriebene Dosieraerosole. Die letztgenannten Dosieraerosole werden überwiegend zur Therapie des Asthma bronchiale verwendet. In einer Patrone befindet sich ein Treibgasgemisch, das kleinste Partikel von Medikamenten in der Schwebe hält. Bei jedem Niederdrücken des Ventils wird aus einer Dosierkammer eine bestimmte Menge des Treibgas-Wirkstoff-Gemisches freigesetzt und kann inhaliert werden. Das Medikament kommt unmittelbar in die Bronchien und in die Lunge, wo es seine Wirkung entfalten soll.

Dosieraerosole werden vom Arzt verordnet und vom Patienten selbst eingesetzt. Eine genaue Einweisung des Patienten ist wichtig, um eine optimale Wirkung zu garantieren.

Druckluftbetriebene Inhalationsgeräte erzeugen in der Regel Aerosole, die aus "größeren" Tröpfchen bestehen, sog. "feuchte" Nebel. Sie werden bei schwerkranken Patienten eingesetzt, z. B. auf Intensivstationen, nach Operationen usw., um die Atemwege feucht zu halten. Außerdem bewähren sie sich bei allen Erkrankungen der oberen Luftwege: Schnupfen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen, des Rachens, des Kehlkopfes, der Luftröhre. Mehrmaliges tägliches Inhalieren lindert die Beschwerden rasch, lockert den zähen Schleim und erleichtert das Abhusten.

Manche Inhalationsgeräte sind mit einer Vorrichtung gekoppelt, die eine Vibration erzeugt. Dies bewährt sich bei chronischen Entzündungen der Nase und der Nasennebenhöhlen. Durch die feine Vibration des Ansatzstückes, das sich auf die Nase überträgt, lässt sich ein zäher, festsitzender Schleim lockern. Zur Inhalation werden destilliertes Wasser, Kochsalz- und Solelösung (Sole ist eine übersättigte Kochsalzlösung) oder Gemische ätherischer Öle verwendet.

Wir bevorzugen überwiegend Solelösung, als Zusatz Kamille. In der Praxis und im Heimgebrauch werden Präparate eingesetzt, die ätherische Öle enthalten, z. B. Eukalyptus, Kampfer, Thymian, Pfefferminze, Fichtennadel, Latschenkiefer etc. Manchmal kann es bei empfindlichen Patienten zu Reizungen der Atemwege kommen, was aber nicht generell gegen diese "Hausmittel" spricht.

Die Inhalationstherapie mit Ultraschall ist in der Klinik weit verbreitet. Die Geräte arbeiten nach folgendem Prinzip: Am Boden einer Verneblerkammer aus Glas befindet sich ein Piezokristall, der durch Hochfrequenz angeregt wird. Die entstehenden Ultraschallwellen sind so gelenkt, dass sie auf die Oberfläche der eingefüllten Flüssigkeit gerichtet sind. Der Ultraschall »zerreißt« die Flüssigkeitsoberfläche in kleinste Teilchen. Dieser Nebel wird durch ein Gebläse fortbewegt und zu den Luftwegen des Patienten geleitet. Die einzelnen Teilchen sind sehr klein und schweben, sie werden auch als »trockene« Nebel bezeichnet. Sie können weit in die Luftwege und bis in die Lunge eindringen.

Durch bestimmte Vorrichtungen kann dem Nebel auch ein Medikament beigemischt werden. Indikationen für diese Art der Inhalationsthherapie sind alle Erkrankungen von Bronchien und Lungen, die mit vermehrter Schleimproduktion einhergehen, das Asthma bronchiale, die akute und besonders die chronische Bronchitis sowie das Lungenemphysem.

Die Inhalationsbehandlung wird auch vor und nach Operationen eingesetzt. Sie kann bei Erkrankungen der Bronchien und der Lungen mit der Atemtherapie durch die Krankengymnasten kombiniert werden. Die Inhalation bewirkt, dass das Sekret flüssiger und lockerer wird, die verschiedenen Handgriffe und Methoden der Atemtherapie erleichtern den Patienten das Abhusten.

Es gibt zahlreiche Inhalationsgeräte auf dem Markt, die auch für den Heimgebrauch geeignet sind und den Patienten verschrieben werden können. Die Qualität der verschiedenen Geräte ist unterschiedlich; zuhause ist eine sorgfältige Pflege und Reinigung der Geräte unerlässlich. Andernfalls können das Mundstück, die Zwischenstücke oder das Medikamentenreservoir mit Bakterien verunreinigt werden.

Inhalationsräume, wie sie in vielen großen Bädern angeboten werden, können keine große therapeutische Wirkung entfalten. Die Konzentration der dort erzeugten Aerosole ist zu gering, um weiter in die Luftwege eindringen zu können. Der psychologische Effekt solcher Inhalationsräume ist jedoch nicht zu unterschätzen. In jedem Fall ist der Aufenthalt in einer solchen Inhalationskammer einer Zigarettenpause vorzuziehen.